Verantwortlich für das, was jetzt folgt, ist einzig und alleine @kadna, die mir im Vorbeigehen ein Bilddokument in den Briefkasten schob und anbei mir lediglich diese kurze, handschriftlich verfasste Bemerkung hinterließ:
“Dieser Typ (rein nach seinem äußeren Erscheinungsbild zu beurteilen) scheint aus deinem engeren Bekanntenkreis zu stammen. Kannst du mir also bitte mal verraten, welche Art der Hypnose er bei Kaltblütern anzuwenden gedenkt?”
Liebe Kadna,
dein Gespür für verschrobene Zusammenhänge der unüberblickbaren Gemeinsamkeiten setzt Maßstäbe und wird wohl auch bis zum immer wieder hinausgeschobenen Treffen zwischen Einsicht und Aussicht an Bedeutungslosigkeit kein Gramm verlieren.
Natürlich bohrst du so mit deinem Daumen genau in der Wunde, die ich bereits letzten Freitag als Zeichen der Verachtung an alle Straßenkämpfer auszuleihen gedachte, die nur mit saudummen Parolen und ohne Verletzungen aus dem Wochenende an ihren Arbeitsplatz zurückkehren und der Meinung sind, das Richtige für Deutschland getan zu haben.
Jedoch hast du mich (und das muss ich in demütiger Haltung eingestehen) hinterrücks sanft enttarnt. Denn es ist wahrhaftig niemand sonst, als mein bester Kumpel Kai, der an diesem Morgen das zur Schau trägt, als du diesen, zur tiefen Andacht einladenden Moment digital auf die Größe eines Fotos reduziertest , was früher einmal ein Hut war.
(Anmerkung in eigener Sache: Meine vollkommen überflüssige Fähigkeit Sachverhalte und wirre Gedanken in unendlich lange und verschachtelte Sätze zu verpacken, wird eines Tages dazu führen, dass mir der Erbseneintopf ohne Bockwurst serviert wird. So zumindest meine Befürchtung.)
Damit die Neugierde dir keine Socken frisst, sei nur so viel verraten. Kai liebt Pferde! Insbesondere wenn sie sich unter der Motorhaube verstecken. Doch seit er sich auf das Zählen von Sommersprossen auf der Haut von Tanja, der Bedienung im Kirchspielkrug, versteift hat, agiert sein inneres Navigationsgerät irgendwie ständig am Rande des Wahnsinns. Dieser Meinung waren auch zwei uniformierte Besserwisser, die meinem Freund ganz übel mitspielten, indem sie seinen roten Mustang zum Schweigen brachten und seine Fahrerlaubnis auf zwei PS reduzierten.
Obwohl ich nicht so besonders gerne die Schwächen meiner besten Kumpels gegen ein paar Gummibärchen eintausche, bleibt mir hier keine andere Wahl, als die kesse, extrovertierte, ständig in Feierlaune befindliche Schadenfreude zu einer Tasse Kaffee einzuladen. Denn Kai beim frühmorgendlichen Fein-Tuning an seinem neuen Cabrio zu beobachten, füllt jede Schublade in einer halben Stunde mit mehr Unterhaltung auf, als es ProSiebenSat1-Media im ganzen Jahr zu bieten haben.
Es hat ganz den Anschein, als hättest du den geistigen Quereinsteiger für die ausgefeilte Kommunikation zwischen Tier und Mensch dabei ertappt, wie er in seiner typisch phlegmatischen Herangehensweise an das Leben, den Tag und das ganze Universum seinen beiden Antriebsmaschinen die Koordinaten für die Fahrt in heimische Gefilde einzutrichtern versucht. Dies ist aus dem Grund unverzichtbar, da Kai spätestens beim Besteigen des Kutschbockes nach hinten umkippen wird und sich in den Tiefschlaf verabschiedet. Also gar keine so dumme Idee das Fahrwerk vorher mit Hafer und Daten zu füttern.
Und dass mein Kumpel dringend das eigene Heim aufsuchen sollte, steht wohl außer Frage. Die unbeantwortete Frage für einen späteren Zeitpunkt wäre dann: Wenn endlich angekommen -wohin dann? In die Wanne, das Bett oder erst in den Kleiderschrank? Anlässe, alle drei Möglichkeiten in die Tat umzusetzen, drängen sich beim Anblick dieses menschlichen Wracks geradezu auf. Es scheint, als habe Tanja das große Sommersprossenzählen nicht ganz untätig über sich ergehen lassen. Unter welche Räder dabei Kais Konfirmationsanzug und insbesondere der geile Hut geraten sind, lässt sich unschwer erahnen.
Bevor ich mich nun langsam von dir, liebe Kadna, Kai, Tanja, meinem Füllfederhalter, dem nun beschriftetem Papier und den beiden PS-Giganten verabschiede, sollte nicht ohne Erwähnung bleiben, dass Kai lediglich auf eine jahrelange Ausbildung in der Eigenhypnose zurückblicken kann. Zu deren erfolgreicher Umsetzung gehören jedoch mindestens 8 Pils und 3 Jägermeister.
Daher füllt beim Blick auf das Bild (jedenfalls bei mir) der menschliche Wunsch, endlich Tiere auch verstehen zu können, weitestgehend das Bild aus. Kai bereitet Resi und Rosi mit seinem reduzierten Wortschatz darauf vor, was ihnen bevorsteht. Vergisst dabei lediglich, dass der Mensch das Tier nicht versteht - und nicht umgekehrt!
(Noch mein Dank an Xavier, den Mannheimer Wanderprediger, der mir bei der Formulierung des Titels unter die Arme griff.)
Liebe Grüße
Wolfram