... oder warum ich Halloween nicht mag.
Moin, Moin!
Nun ist Schleswig-Holstein ja nicht gerade als Karnevalshochburg verschrien, aber eine fest eingeplante Gelegenheit zum Verkleiden hatten wir Kinder auch: zum Rummelpottlaufen am Silvesterabend!
Doch, ich habe gerade heute morgen in der Zeitung gelesen, dass es das besonders an der Nordseeküste immer noch gibt, ich schreibe trotzdem in Vergangenheitsformen, weil meine eigene Teilnahme an diesem Brauch bald 40 Jahre her ist und schon lange kein Rummelpott mehr an unserer Tür geklingelt hat.
"Rummeln" bedeutet auf plattdeutsch soviel wie "Poltern" oder "Krach machen". Dafür bauten sich die Kinder aus Tongefäßen oder Dosen einen Rummelpott, den Krachmachtopf. Der Rummelpott, überzogen mit dünnem Leder oder Gummi (ursprünglich einer Schweinsblase) erzeugt einen dumpfen, schaurigen Ton, wenn man mit einem Stab in ihm "rührt", lauter ist er als Schlaginstrument.
Foto: Land Schleswig-Holstein, Landesmuseum Schleswig
Durch den Krach sollten die bösen Wintergeister, die in den energiereichen Zeiten der Rauhnächte ihr Unwesen treiben, daran gehindert werden, mit ins neue Jahr zu kommen.
Und so zogen wir Kinder kostümiert als Hexen, Feen oder Gespenster, gern auch fröhliche Clowns, ausgestattet mit Rummelpott sowie Topfdeckeln und hölzernen Kochlöffeln von Haus zu Haus und rummelten im Rhythmus zu plattdeutschen Liedern, die wir sangen. Als Dank für die Geistervertreibung erhielten wir Süßigkeiten von den bunten Weihnachtstellern der Nachbarn, auch mal ein paar Groschen. Alles in einen bunt geschmückten Korb, dessen Inhalt wir untereinander gerecht teilten.
Alles klar? Der norddeutsche Kinderliedermacher Grünschnabel erklärt das ganze so:
Und dat speelt sick aff: Maskeerte Kinner loopen vun Huus to Huus, klingeln an de Huusdöörn, singen een Winterleed oder seggen een Spruch op mit Wünsche för dat nie Johr. Se maken örnlich Larm mit een Stock un son Blechdoos, över de een Plastikfolie spannt is un kreegen för ehr Krakeeln watt to Naschen oder ok mal n Geldstück. Denn trecken se wieter ...
De Verkleedungen ännern sick, de Sprüche nich ganz so gau, de Kinner warn grötter, de Traditschoon blifft: Dat Rummelpottloopen!
Quelle: https://www.shz.de/456001 ©2017
Der Brauch des Rummelpottlaufens soll im 17. Jahrhundert in Holland entstanden und die Nordseeküste hinauf ziemlich bald nach Norddeutschland übergeschwappt sein. Trotzdem habe ich diese Tradition stets als "unsere" gesehen.
Anders als Halloween, welches uns über den Atlantik schwappend überflutet hat. Vor etwa 20 Jahren habe ich eine Unterrichtseinheit zum Thema "Halloween" vorbereitet, um mit den Kindern zu erarbeiten, warum sie denn am Abend des 31. Oktober für das Gröhlen von "Süßes oder Saures" meist Süßes erhalten. Viele Schüler kannten den amerikanischen Brauch noch gar nicht.
Heute frage ich gar nicht mehr, wer denn weiß, welchem Ereignis am o.g. Datum gedacht wird, selbst im Luther-Jahr kam niemand auf den Reformationstag.
Okay, ich will den Kindern ihren Spaß gönnen und da unsere Dorfjungend mittlerweile auch Lieder singt oder Gedichte vorträgt, gebe auch ich im Herbst bereitwillig Gummivampire und Kürbis-Marshmallows aus. Aber "unsere" Tradition ist das nicht!
Und so werde ich morgen am frühen Abend wieder sehnsüchtig auf den Rummelpott warten und ab und zu überprüfen, ob die Türklingel auch wirklich funktioniert...
Foto: taz.de, Museum für Kunst und Gewerbe
Frohet Neejohr Johr. Schiet op ole Johr!
Kommt gut rein,
Chriddi