Mal Hand aufs Herz: Wie groß wäre eure Motivation, einen Ort zu besuchen, von dem ihr nur eine sehr vage Vorstellung habt, wenn ihr seit Tagen Phrasen wie "Wird Zeit, dass das Tier in die Schule kommt!", "Benimm dich, sonst musst du zur Schule für schwer Erziehbare!" oder "Na, Mäxchen, morgen beginnt der Ernst des Lebens!" um die sensiblen Ohren gehauen bekommt? Und wie weit tiefer in den Keller würde diese rutschen, wenn ihr bei belauschten Gesprächen aus Frauchens Mund "Mist, nächste Woche beginnt wieder die Schule. Ich muss noch so viel tun, nun ist die schönste Zeit des Jahres vorbei." vernehmt? Aha! So könnt ihr euch vorstellen, dass ich am Mittwoch mit wenig Begeisterung ins Auto gesprungen bin (das geschieht sonst immer mit euphorischem Anlauf, denn es folgt in der Regel ein cooler Ausflug), einzig Frauchens beruhigendes "Komm schon, du wirst rasch viele Freunde finden!" ließ mich überhaupt einsteigen.
Die Einschulung
Nun denn, leicht skeptisch dreinblickend bin ich auf dem Schulparkplatz brav ausgestiegen. Hier roch es so nach verunsicherten Rüden, dass ich selbst erst einmal den Schwanz einkniff. Vor Aufregung musste ich ganz dringend pinkeln und damit ja niemand meinen könnte, ich würde hier beinhebend ein Revier markieren wollen, strullte ich hockend wie ein Mädchen. Hoffentlich hat das keiner gesehen!
Kaum im Klassenraum (ja, richtig, ich sollte mich zunächst drinnen der Direktorin vorstellen), knuffte mir so ein Platzhirsch direkt ganz kräftig in die Flanke. Das machen dominante Hunde gelegentlich so, aber auf Mobbing am ersten Schultag hatte ich nun wirklich keinen Bock. Die Quittung folgte für den Rüpel und sein Frauchen sofort: Die Lehrerin brüllte so dermaßen, dass die ganze Klasse stramm stand! Alle außer mir, denn ich versteckte mich blitzschnell hinter Frauchens Beinen. Na spitze! "Das ist euer neuer Mitschüler - Mäx, das Weichei." - geiler Start...
Die Kollegen waren alle schon mindestens in der zweiten Klasse. Ich als Anfänger dazwischen. "Sitz!" und "Platz!" hatte Frauchen mir ja schon beigebracht, aber nun sollten dabei fremde Leute über mich rübersteigen. Hallo? Dann kam die Lehrerin mit 'nem Besen, später mit 'nem Regenschirm, den sie vor meiner Nase auf- und zuklappte. Was soll das denn? Sie wollte wohl testen, dass ich doch kein Schisser bin. Bin ich nicht! Aber spaßig war's auch nicht. Es folgten noch ein paar Übungen (Sitz, Platz, Bleib), bei denen ich punkten konnte, und dann kam die ersehnte Pause. "Geht mit euren Hunden fünf Minuten spielen und passt auf, dass die Tiere nicht kontakten!", rief die Lehrerin. Hä? Wie war das mit den neuen Freunden?!
Nun blieben wir zum Glück draußen. Bei Fuß Slalom um Pylone ist für mich eine relativ einfache Disziplin, denn ich klebe nach wie vor an Frauchens Fersen. Als dann aber Futter an die Pylone gelegt wurde, das ich nicht einmal beschnüffeln (geschweige denn fressen) durfte, fragte ich mich mehr und mehr, was denn das Tolle an so einem ersten Schultag sein soll. Wenigstens verschonten sie mich mit der Aufnahme eines Einschulungsfotos vor einer ABC-Schützen-Tafel mit Schultüte in der Pfote. Meine Erinnerungen wären beim Anblick dessen eher mäßig.
Kein Spielen, kein Raufen, kein persönliches Kennenlernen der Klassenkameraden. Wir Vierbeiner wurden in die Autos gesperrt und die Menschen versammelten sich zu einer pädagogischen Reflexionsrunde. Es sei eine sehr anspruchsvolle Stunde gewesen und fürs erste Mal hätte sich "das Mäxchen" sehr gut gemacht. Ey, ich sch... drauf! Schule soll Spaß machen! Und nun? Frauchen brachte doch tatsächlich einen Vertrag mit ins Auto...
Die Diskussion
Zu Hause angekommen, verkrümelte ich mich etwas eingeschüchtert auf mein neues Rentierfell (ist ein Erbstück von Yoda) und lauschte ziemlich geplättet, wie Frauchen dem Herrchen von unseren Erfahrungen berichtete, dabei eine fachliche Diskussion in die Gänge kam. Meine neuen Rudelführer wissen beide, wovon sie sprechen, sie haben beide schon mehrere Artgenossen durch die Begleithundeprüfung gebracht. Herrchens Narben an den Armen zeugen sogar davon, dass er einen zunächst sehr aggressiven Artgenossen erfolgreich durch den (echt brutalen) Wesenstest geführt und ihn damit vor der Einstufung zum Gefahrenhund (samt allen lebensbedrohlichen Konsequenzen) bewahrt hat. Beide aber arbeiten mit unterschiedlichen Methoden. Während Herrchen auf positive Verstärkung durch Leckerlis ohne Ende (ist mir äußerst recht) setzt, baut Frauchen auf eine dezentere Beigabe dieser, dafür auf eine ganz hohe, lobende Stimme (toll, die erinnert mich an meine Mami) sowie vermehrte Streicheleinheiten bei der Arbeit. Letzteres bedeutet wohl eine etwas längere Erziehungsphase, gleichzeitig erhöht es wohl die Bindung an die Person statt an den Leckerli-Beutel. Mir egal, klappt beides. Obwohl... so eine Extraportion...
Plötzlich hörte ich "Nee, das unterschreibe ich nicht!", und bemerkte, wie Frauchen sich ans Telefon klemmte. Dann hieß es: "Mäx, ruh dich gut aus, heute Abend hast du noch einen Probeunterricht." Och Menno, sch... Schule...
Die Umschulung
Wieder ein großer, nach vielen Hunden riechender Parkplatz. Und wieder - nein, diesmal ein riesiger Hundesportplatz mit lustigen Geräten, Bällen, einem Sandhaufen und einem Planschbecken. Interessant! Ein Mann holte uns vom Zaun ab. "Na, du bist ja ein Hübscher! Bevor ich schaue, was du schon kannst, stell dich doch erstmal deinen Mitschülern vor!" Und dann durften wir uns alle beschnüffeln! Ein Kollege knurrte mich an, da knurrte der Lehrer deutlich lauter zurück. Geht doch!
Die Eingangsuntersuchung dauerte nicht lange. "Sitz! Platz! Bei Fuß!" - kein Problem, ich gebe dabei bereits eine sehr gute Figur ab!
Der Trainer war mir sehr sympathisch, lobte mich wie doll und erklärte mir, ich bräuchte keine Angst haben, wenn er, ein Polizeihundeführer, mal etwas lauter werden würde. Dies gelte dann den Menschen, denn in erster Linie müssten die schließlich begreifen, worum es bei der Hundeerziehung geht, die seien Schuld an all den Hundedramen in der Gesellschaft. Dafür dass er Frauchen ob meiner Fähigkeiten nicht glauben wollte, dass ich erst drei Wochen zum Rudel gehöre und zuvor nie jemand mit mir gearbeitet hat, hätte ich ihm allerdings am liebsten wie Waldi in die Wade gebissen - niemand bezichtigt mein Frauchen ungestraft des Lügens! Als ich aber den unterschwelligen Stolz beim augenzwinkernden "Doch, doch!" in Frauchens Stimme wahrnahm, ließ ich es bleiben und zeigte mich für den Rest der Stunde in der Junghundegruppe von meiner allerbesten Seite!
Am Ende durften wir Vierbeiner toben, was das Zeug hält. Was für ein Spaß! Schule ist schön!
Ich fiel abends ausgepowert, glücklich und zufrieden in mein Körbchen und träumte davon, eine Karriere als Klassenprimus anzustreben! Jau, ich bin ein stolzer, stattlicher Hund - nein, ich bin der Größte! Und ich freu, freu, freue mich, denn morgen darf ich wieder zur Schule! Herrchen will zugucken - vielleicht schießt er ja ein paar Fotos, die spannender sind als die euch heute präsentierten...