Mein Stolz, mein erstes Auto: Panda, 1.500 DM
Ernsthaft? Ist es wirklich schon fünf Jahre her? Das Silber-Jubiläum? Das, an dem ich mir "Mein, Haus, mein Auto, meine Familie" angetan habe? Der Abend, an dem ich, auch lautsprachlich fließend ironisch beherrschend, mit "Meine gescheiterte Ehe, mein Job, der mich seit Jahren anödet, nee, keine Kinder, zwei Hunde sind pflegeleichter" doch für den ein oder anderen tatsächlich amüsierten, kaum mitleidigen Lacher sorgen konnte? Naja, Hauptsache, ich war mal wieder der Klassenclown...
Jawohl, es ist mir etwas unangenehm. Denn eigentlich bin ich doch gar nicht so. Nostalgisch. Sentimental. Jedenfalls behaupte ich das immer von mir. Mir, die ich anderen immer rate, im Hier und Jetzt zu leben, nach vorn zu blicken, sei immer besser, als zurück. Wer stetig von früher spräche, werde alt. Aber ausnahmsweise? Ausnahmsweise "Ach, damals"? Doch, bitte, ausnahmsweise! Schuld daran, an meiner tatsächlich recht nostalgischen Woche, bin ja nicht ich. Schuld ist diese Einladung. Die zum Abi-Treffen. Kommt doch immer wieder. Ganz normal. Diesmal ist es halt überraschenderweise die dreißigste Jährung.
Natürlich musste ich den Schreck erstmal überwinden und habe zur Ablenkung (ganz bestimmt nicht aus nostalgischen Gründen) erstmal in den alten Platten gewühlt. The Cure, Roxette sowie Simple Minds sollten aus den Lautsprechern dröhnen, ja, auch Alphaville und natürlich Felix de Luxe. Meine Güte: Mein erstes Konzert, mein erstes Auto, meine erste Reise ohne Eltern, mein erster Blackout, mein erster Sex.
Her mit den alten Fotos, her mit der Abi-Zeitung (selbstverständlich aus total unnostalgischen Gründen unversehrt in einer Klarsichthülle verwahrt)!
Wer war das noch? Ach ja! Wow, mit dem habe ich zu "Precious Little Diamond" (war ein Oldie, 1984) geknutscht.
Nee, stimmt ja, ich war im Pilotprojekt "Informationstechnische Grundbildung" des Landes Schleswig-Holstein. Da habe ich auf dem Commodore C20 BASIC gelernt. DOS kam viel später, aber so ein bisschen wusste ich dann wenigstens, was zu tun war. Abi sei Dank! Echt lustig. Vielleicht tippe ich mal den Abi-Zeitungsartikel meines damaligen Mathe-Lehrers ab: "Computer in der Schule?!"
In Geschichte und Latein war ich nie gut ("Caesar hat sich erschossen"), Erdkunde auch nicht ("Der Nord-Ost-Passat weht von Norden nach Osten") - so jedenfalls sagt die Zitat-Sammlung der Abi-Zeitung über Chriddi. Aber wenigstens habe ich schon damals den Mund aufgemacht und dafür gesorgt, dass mein Geschichte-Lehrer als Holocaust-Leugner ("Aber Herr X, es gibt doch Fotos!" - "Aber Chriddi, sind Sie naiv, es gibt doch Fotomontagen!") nur noch sein Zweitfach unterrichten durfte.
Zugegebenermaßen war ich etwas erschrocken darüber, wie jung ich auf dem alten Foto aussehe und was für ein furchtbares Kassengestell man mir anscheinend aufgezwungen hat. Aber so viel hat sich doch eigentlich auch nicht getan...
Schäme ich mich, im Gestern zu schwelgen, weil ich nicht zu den Langweilern gehören will, die erst bei "It's Raining Men" oder "I Am What I Am" aufdrehen? Oder weil ich befürchte, zu denen zu gehören, die sich in die Vergangenheit flüchten, weil sie die Gegenwart nicht ertragen? So ein Quatsch! "Ausnahmsweise" darf sein!
Will ich nochmal 19 sein? Klar ist das Leben kompliziert. Das hat auch nie jemand anders behauptet. Aber mit 19 war es doch echt komplizierter! Allein die Liebe. Herrje, was wir uns damals alles versprochen haben.
Immerhin wurde ich zum 25. Abi-Treffen nicht rot, als so ein versprechender Jemand sagte: "Oha, dein Hintern ist ja immer noch so ein Hingucker wie damals". Fand ich mega plump. Aber fünf Jahre später? Mit fast 50? Ob das nochmal jemand sagt? Okay, die ein oder andere Stelle könnte etwas straffer sein. Hm... Ich glaube, ich nehme die Einladung an... 😉