Umgangssprachlich wird der Ausdruck "die Kurve kratzen" benutzt, wenn man weggehen, zügig verschwinden, sich davon machen will oder soll. Die Assoziation mit der Geschwindigkeit von Fahrzeugen, die Kurven schneller hinter sich lassen, wenn sie diese schneiden, ist korrekt, doch hat die Redewendung nichts mit Motorradfahrern zu tun, die dabei gelegentlich mit dem Pedal am Asphalt kratzen.
Ursprünglich nimmt die Redensart Bezug auf mittelalterliche Straßenzustände. Damals waren die engen Gassen in Orten und Städten nicht auf die Breite von Kutschen ausgelegt, so dass diese mit ihren eisernen Radnaben beim Abbiegen häufig an den Hausecken kratzten und sie beschädigten. Zum Schutz ließen die Hausbesitzer nun große Feldsteine oder schmale Steinblöcke an ihren Gebäudeecken und Toreinfahrten ein.
Geht man mit offenen Augen durch Altstädte, sieht man auch heute noch die jahrhundertealten Kratzsteine, die auch Prellstein oder Radabweiser genannt werden. Ab und zu sind sogar tiefe Kerben wahrzunehmen, die auf die Fahrkünste der einstigen Pferdewagenlenker hinweisen.
Besonders bei Gebäuden römischen Ursprungs ist der Radabweiser als Schutzelement bereits architektonisch eingeplant gewesen. Die eingebauten Distanzsäulen, aus härterem Gestein als der Rest des Gebäudes, aus der Zeit der Romanik und Gotik sind überwiegend schlicht, seit der Renaissance ist an städtischen oder herrschaftlichen Bauwerken oft ein verzierter Stil erkennbar.
Durchaus hat nun das Schmiergeld etwas mit dem bisherigen Kontext zu tun. Damit die Radachsen der alten Kutschen schön geschmeidig blieben, mussten sie regelmäßig geölt werden. So etablierte sich um 1800, zur Zeit der Postkutschen, der sogenannte "Schmiergroschen". Es handelte sich dabei um einen festgelegten Betrag, den jeder Reisende pro Poststation zuzüglich des regulären Fahrpreises als Beteiligung an der Pflege des Fuhrwerkes zahlen musste. So lesen wir in Beethovens Reisetagebuch (1792): "Abendessen 2 Gulden / in Limburg 12 Batzen / Trinkgeld 14 x / Schmiergeld 14 x / Trinkgeld für Postillon 1 Gulden."
Dem Postillon selbst stand maximal ein Trinkgeld zu, er konnte nicht durch Bestechung zu schnellerem Fahren angetrieben werden. Er war schließlich ein Staatsbeamter, der für Bestechlichkeit bestraft worden wäre.
Wer nun meint, Schmiergelder seien also eine offizielle, ganz saubere Sache, eine Hand wasche nunmal die andere und "waschen" ist gleichbedeutend mit "reinigen", wird leider von der Vorgeschichte des Schmiergroschens enttäuscht.
Das Etymologische Wörterbuch der deutschen Sprache (2002) erläutert den Begriff schmieren folgendermaßen: "Seit dem 14. Jh. auch für ›bestechen‹, von der naheliegenden Vorstellung ›gleitend machen‹ ausgehend."
Eine Verhandlung, die ins Stocken geraten ist, musste also schon sehr früh irgendwie gleitend gemacht werden, damit sie wieder läuft wie geschmiert.