Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar, aus dem mal wieder so viel herauszuziehen ist, lieber Martin.
"Behinderung" ist das, was die Gesellschaft als solche definiert. Dies allein ist ein philosophisches Werk wert, denn wer maßt sich diese Definition an? Mir fällt es auch nach Jahren schwer, sonderpädagogische Gutachten zu erstellen. Nicht die erlernte und mittlerweile routinierte Arbeit an sich, sondern die Tatsache, dass ich dazu beitrage, den Kindern einen gesellschaftlich "verordneten" Stempel auf die Stirn zu drücken. Selbst mit validierten Testungen stellen sich mir oft moralische Fragen. Ich nenne die Testinstrumente auch nie "Intelligenztest", sondern stelle stets den derzeitigen Entwicklungsstand der kognitiven Fähigkeiten fest. Intelligenz ist so vielschichtig und nur in wenigen Bereichen mit der Gaußschen Normalverteilungskurve korrelierbar.
Nehmen wir mal die emotionale Intelligenz. Da sind den meisten von uns gerade die Menschen mit Down-Syndrom weit voraus. Denn sie sind in der Regel echt, drücken ihre Gefühle frei und impulsiv aus. Die wird dann von den "Normalos" als distanzlos bezeichnet. Ja? Ist halt nicht gesellschaftlich anerkannt, wenn dich jemand vor Freude über eine klitzekleine Kleinigkeit abknutscht oder in Tränen ausbricht, wenn das Spiegelei falsch herum auf dem Teller landet.
Sicherlich kann man auch "Downies" nicht alle über einen Kamm scheren, aber du hast recht: Die meisten sind freundlich, fröhlich, einfach liebenswert - mit einer winzigen Laune der Natur, die sie in den Zellen verborgen vom Großteil der Menschheit unterscheidet. Die meisten benötigen auch keine Zen-Übungen, denn sie leben hauptsächlich im Hier und Jetzt, zermürben sich weder über Zukunft noch Vergangenheit das Hirn. Eine Tatsache, auf die ich schon häufig neidisch gewesen bin.
Aber weißt du was? Am Computer daddeln können die auch... ;-)
Liebe Grüße,
Chriddi